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a structured approach ...

Welche Mehrwerte bietet eine Enterprise Architecture?

Einleitung

Herzlich Willkommen zu einem weiteren Beitrag in der Reihe mit dem Titel Einführung in das Thema Enterprise Architecture. Die Beitragsreihe ist in vier Teile untergliedert und orientiert sich an den Fragen

  1. Was ist eine Architecture?
  2. Was ist eine Enterprise Architecture?
  3. Welche Mehrwerte bringt eine Enterprise Architecture?
  4. Welche Mehrwerte bieten Enterprise Architecture Frameworks?

Zielgruppe der Beitragsreihe sind alle diejenigen unter Ihnen, die sich vom Thema Enterprise Architecture auf die eine oder andere Art und Weise betroffen fühlen, also vom Entscheidungsträger unter Ihnen, der wissen und verstehen möchte, worum sich denn bei diesem für viele Unternehmen und Organisationen relevantem Thema handelt bis hin zu Architekten, der sich der Komplexität des Themas vollends im Klaren ist und daher nach schlüssigen und konsistenten Vorschlägen für Antworten auf die genannten Fragestellungen sucht.

In den ersten beiden Beiträgen dieser Reihe habe ich Ihnen Vorschläge zu den Begrifflichkeiten der Architecture und der Enterprise Architecture an die Hand gegeben und möchte mich heute mit Ihnen der Fragestellung Welche Mehrwerte bringt eine Enterprise Architecture widmen.

Mehrwerte und Erfolgsfaktoren

Den Bedeutungen der Begriffe Enterprise, Architecture und letztlich Enterprise Architecture folgend hoffe ich, dass Sie mit mir darin übereinstimmen, dass die Mehrwerte welche die sachgerecht Nutzung des Konzepts Enterprise Architecture mit sich bringt, sich auf die gesamte betroffene Organisation, das gesamte betroffene Unternehmen oder allgemeiner ausgedrückt, den gesamten betroffenen Enterprise erstrecken werden. Meiner Meinung nach lohnt es sich jedoch nicht über Mehrwerte zu sprechen, ohne vorher ein gemeinsames Verständnis über die Ziele hinter dem Konzept Enterprise Architecture zu entwickeln.

Für die wenigstens Unternehmen, einige darauf spezialisierte Beratungsunternehmen mal ausgenommen, ist die Umsetzung von Enterprise Architecture ein kaufmännisch tragfähiger Selbstzweck. Daher muss das Konzept Enterprise Architecture Mehrwerte liefern, die dem Unternehmen oder der Organisation beim jeweiligen Erreichen der eigenen Ziele förderlich sind. Mit förderlich ist insbesondere gemeint, dass

  1. die Mehrwerte größer sind, als die zu betreibenden Aufwände und
  2. auch der Grad der Zielerreichung der Organisation (zum Beispiel Wachstum, Profitabilität, etc.) über einen festgelegten Zeitraum (z.B. spätestens nach 3 Jahren) meßbar größer ist, als er es ohne Enterprise Architecture gewesen wäre.

Und gerade weil Enterprise Architecture in den meisten Enterprises nicht als Selbstzweck wahrgenommen werden kann, müssen die Mehrwerte für diejenigen Akteure im betrachteten Enterprise besonderes ausgeprägt sein, die für die Wertschöpfung des Enterprise verantwortlich sind. Und zwar sowohl im Tagesgeschäft als auch auf der Management Ebene.

Daher empfehle ich Ihnen folgende Leitsätze im Kontext Enterprise Architecture immer als Richtlinie zu beachten:

  • Enterprise Architecture unterstützt die Kommunikation über eine gemeinsame Sprache und Methodik zwischen allen Akteuren (mehr hierzu möchte ich mit Ihnen im Beitrag zu den Mehrwerten von Enterprise Architecture Frameworks besprechen).
  • Enterprise Architecture unterstützt bei der gemeinsamen strukturierten Planung zwischen allen beteiligten Akteuren. Dieser Punkt ist eng verwandt
    mit dem Punkt Kommunikation, da grundsätzlich die meisten Menschen ein individuelles Verständnis von Struktur haben, Enterprise Architecture jedoch insbesondere zum gemeinsamen Verständnis beiträgt.
  • Enterprise Architecture unterstützt die langfristige und wieder- und weiterverwendbare Nutzbarkeit der erzielten Ergebnisse.

Da unter Berücksichtung dieser Leitsätze Mehrwerte erst dann als solche bezeichnet werden können, wenn sie innerhalb einer Organisation auch wahrgenommen werden, läßt sich erfahrungsgemäß auch sagen, dass das Bewußtsein über diese Mehrwerte gleichzeitig auch einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für die Umsetzung des Konzepts Enterprise Architecture in einer Organisation ist. Denn ohne wahrgenommen Mehrwerte gibt es keine Akzeptanz und ohne Akzeptanz hat es selbst das beste Konzept, die beste Methodik schwer überhaupt Mehrwerte zu generieren.

Daher hat es sich in der Praxis bewährt, die erhofften Mehrwerte von Enterprise Architecture

  1. klar zu benennen
  2. ihren Grad des Erreichens meßbar zu gestalten und
  3. sie gleichzeitig auch als die entscheidenden Erfolgsfaktoren zu betrachten.

Klar benannte Mehrwerten, die sich als good practice und gleichzeitig auch als Erfolgsfaktoren bewährt haben, sind z.B.:

  • Effizientere Geschäftsprozesse
  • Effizientere IT Prozesse
  • Investitionsschutz (sowohl bestehender als auch zukünftiger Investitionen)
  • Effizientere Beschaffungsprozesse.

Mehrwerte und Erfolgsfaktoren gemäß TOGAF

Die allgemeine Akzeptanz der genannten Mehrwerte rührt zum einen daher, dass sie nicht auf eine Zielgruppe innerhalb eines Enterprise fokussieren, sondern von einer Vielzahl von Akteuren als Mehrwerte wahrgenommen werden. Zum anderen lassen sich die genannten Mehrwerte anhand von konkreten Betrachtungsgegenständen erweitern und verfeinern. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung weil Erfolg und Mißerfolg des Konzepts Enterprise Architecture auch davon abhängt, dass sich alle Akteure mit den Ergebnissen der Umsetzung identifizieren können und Enterprise Architecture als echter Nutzen und nicht nur akademischer Selbstzweck wahrgenommen wird.

Die Fachliteratur und insbesondere TOGAF unterstützen in diesem Bereich insofern, als dass Konkretisierungen und Beispiele zu den Mehrwerten, welche
sich als good practice bewährt haben, als Vorschläge angerissen werden.

Effizientere Geschäftsprozesse

Unter dem Stichwort . . . a more efficient business operation verweist TOGAF auf die folgenden Mehrwerte und Erfolgsfaktoren von Enterprise Architecture

  • Lower business operation costs, also geringere Kosten in der Umsetzung der Geschäftsprozesse. Ursächlich hierfür ist der enorme Nutzen sachgerecht dokumentierter Geschäftsprozesse. Eine Enterprise Architecture, die Geschäftsprozesse verständlich, von einander abgrenzbar und inklusiver aller relevanter Schnittstellen zueinander dokumentiert, ist im einfachsten Fall für alle Akteure eine Quelle des Verständnisses dieser Prozesse und zeigt im besten Fall Optimierungspotentiale hinsichtlich eines effizienten Geschäftsbetriebes auf.
  • More agile organization und
  • Business capabilities shared across the organization. . .
    Ähnlich wie im eben genannten Punkt ist ein gemeinsames Verständnis über die Geschäftsprozesse innerhalb des gesamten Enterprise die beste Ausgangsbasis dafür, die im Unternehmen oder in der Organisation vorhanden Fähigkeiten optimal zu nutzen und hierbei insbesondere einmal implementierte Business Fähigkeiten wieder- und weiterzuverwenden anstelle sie mangels besseren Wissens in anderen Unternehmens-/ Organisationsbereichen neu “erfinden” zu müssen.
  • Lower change management costs,
  • More flexible workforce sowie
  • Improved business productivity.
    Auch in diesen Punkten führt die sachgerechte Dokumentation der Geschäftsprozesse zu den genannten Mehrwerten. Eine entsprechende Abbildung der Geschäftsprozesse in einer Enterprise Architecture zeigt frühzeitig die Auswirkungen von Veränderungen in den Geschäftsabläufen auf und hilft damit nicht nur Veränderungen punktgenau zu ermöglichen, sondern vor allem auch böse Überraschungen aufgrund unbekannter Wechselwirkungen zu anderen Prozessen aufgrund fehlender Dokumentation zu vermeiden. Innerhalb der Belegschaft eines Unternehmens oder den Mitgliedern einer Organisation bietet das Bewußtsein über die Geschäftsprozesse sowie deren Wechselwirkungen zu und zwischeneinander das Potential Synergieeffekte optimal auszureizen und unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden. Sachgerecht und zweckgenau dokumentiert und entsprechend kommuniziert werden die Aufwände für Erstellung, Pflege und Kommunikation einer Enterprise Architecture durch eine entsprechend erhöhte Produktivität mehr als gerechtfertigt.

Effizientere IT Prozesse

Unter dem Stichwort a more efficient IT Operation verweist TOGAF auf die Mehrwerte einer Enterprise Architecture bezogen auf die IT Prozesse. Im einzelnen werden:

  • Increased portability of applications
  • Improved interoperability and easier system and network management
  • Improved ability to address critical enterprise-wide issues like security
  • Easier upgrade and exchange of system components

angeführt. Kernmehrwerte im Bereich IT sind demzufolge

  • Die Wiederverwendbarkeit und Portabilität von IT Anwendungen über ihren ursprünglichen Beschaffungszweck hinaus
  • eine verbesserte Interoperabiltiät zwischen den IT-Systemen und ein entsprechend leichteres Netzwerk Management. Interoperabiltiät bezieht sich
    hier insbesondere auf kompatible Schnittstellen zwischen Systemen und damit deren Fähigkeit Daten und Informationen verlustfrei austauschen.
  • Als weiterer Mehrwert wird die Fähigkeit angeführt kritische unternehmensweite Risikobereiche und Vorfälle (z.B. im Bereich IT- und Cybersicherheit)
    besser adressieren zu können als dies ohne eine entsprechende Architektur möglich gewesen wäre sowie
  • die Fähigkeit Systemkomponenten leichter zu aktualisieren oder auszutauschen.

Dies leitet sich insbesondere daraus her, dass in einer Enterprise Architecture entsprechende Zusammenhänge und Abhängigkeiten im Vorfeld dokumentiert werden können und so Risiken beim Upgrade oder Systemwechsel im Vorfeld erkannt und minimiert werden können.

Maximierung der Effizienz besehender Investments und minimiertes Risiko für zukünftige Investitionen

Unter dem Stichwort . . . better return on existing investment, reduced risk for future investment wird unter anderem der Punkt

  • Reduced complexity in the business and IT

gegeben. Diese Formulierung ist meiner Meinung insoweit irreführend, als dass Enterprise Architecture per se nicht reduzieren kann. Was Enterprise Architecture jedoch leisten kann und sich entsprechend auch daran messen lassen muss, ist es, die Komplexität zwischen Business und IT transparent und verständlich darzustellen, so dass bessere Investitions-Entscheidungen z.B. in den Ausbau der IT, getroffen werden können, als es ohne Enterprise Architecture möglich gewesen wäre. Hierdurch wird dann auch das Erreichen des zweiten gegebenen Punktes ermöglicht, nämlich ein maximaler Return on Invest bezogen auf die existierende Business und IT Infrastruktur. Eine Enterprise Architecture mit Fokus auf Abhängigkeiten zwischen Prozessen und IT-Systemen zum einen aber auch zwischen den Kernprozessen des Enterprise und unterstützenden Prozessen zum anderen, kann dabei helfen fundierte Entscheidungen bezüglich der Eigenentwicklung, des Einkaufs oder des Auslagerns von Geschäfts- und IT Leistungen und der jeweiligen Auswirkungen auf den Enterprise zu treffen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass Enterprise Architecture diese Mehrwerte nicht auf Zuruf bringt, sondern zum einen der Fokus der Architektur entsprechend spezifiziert sein sollte und alle beteiligen Akteure zum anderen die Architektur als gemeinsames Instrument zur Zielerreichung verstehen. Sind diese Punkte gegeben kann die Umsetzung des Konzepts Enterprise Architecture das grundsätzliche Risiko von allen betroffenen Investments reduzieren und die tatsächlichen Betriebskosten verringern.

. . . schnellere, einfachere und günstigere Beschaffung

Neben den Geschäfts- und IT-Prozessen und eng verwandt mit den Mehrwerten bezüglich des Investitionsschutzes sind die Mehrwerte bezogen auf die Beschaffungsorganisation und -verfahren eines Enterprise. Dabei sind es insbesondere diese Mehrwerte, welche auch kurzfristiges Optimierungspotential aufzeigen und direkt messbar sind. Ein wesentlicher Punkt, der durch TOGAF aufgeführt wird, ist, dass Beschaffungsentscheidungen vereinfacht werden, da die der Entscheidung zugrunde liegenden Informationen im Idealfall sachgerecht aufbereitet ist und nach einer allen Beteiligten bekannten und verständlichen Methodik erstellt wurden. Diese Vereinfachung der Entscheidungsprozesse führt zu insgesamt schnelleren Beschaffungsverfahren welche, sofern sie in Einklang mit der Enterprise Architecture praktiziert werden und nicht als Silo im Enterprise existieren, auch keine negativen Auswirkungen auf die Stringenz der durch die Architektur dokumentierten System- und Prozesslandschaft haben. Sofern sachgerecht dokumentiert, zum Beispiel durch Fokus auf konkrete Funktionalitäten anstelle direkt auf Systeme, können Beschaffungsprozesse auch effizient auf den heute gängigen heterogenen Systemlandschaften mit verschiedenen Zulieferern angewandt werden.

Sofern die Vorteile in Methodik und Konzeption von Enterprise Architecture mit Bezug auf die Beschaffungsprozesse ausgeschöpft werden, kann dies je nach Größe des Enterprise und relativem Anteil der Beschaffungskosten signifikante Auswirkungen auf den ökonomischen Erfolg des Enterprise haben.

Zusammenfassung

In diesem Beitrag habe ich mit Ihnen besprochen, welche Mehrwerte sich für eine Organisation oder ein Unternehmen durch eine zielgerichtete und sachgerechte Anwendung des Konzepts Enterprise Architecture ergeben können. Hierzu habe ich Ihnen empfohlen noch vor Identifikation der konkreten Mehrwerte auf ein grundsätzliches gemeinsames Verständnis bezüglich des Konzepts Enterprise Architecture zu fokussieren. Diese Verständnis basiert auf den folgenden Leitsätzen:

  1. Enterprise Architecture unterstützt die Kommunikation über eine gemeinsame Sprache und Methodik zwischen allen Akteuren.
  2. Enterprise Architecture unterstützt bei der gemeinsamen strukturierten Planung zwischen allen beteiligten Akteuren.
  3. Enterprise Architecture unterstützt die langfristige und wieder- und weiterverwendbare Nutzbarkeit der erzielten Ergebnisse.

Basierend auf diesem Verständnis habe ich weiterhin Ihnen empfohlen, die Mehrwerte welche Sie sich für Ihr Unternehmen von Enterprise Architecture erhoffen

  1. klar zu benennen und zu kommunizieren
  2. ihren Grad des Erreichens meßbar zu gestalten und
  3. sie gleichzeitig auch als die entscheidenden Erfolgsfaktoren zu betrachten.

Außerdem habe ich Ihnen exemplarische Mehrwerte aus TOGAF bezüglich Enterprise Architecture vorgestellt, nämlich

  • Effizientere Geschäftsprozesse
  • Effizientere IT Prozesse
  • Investitionsschutz (sowohl bestehender als auch zukünftiger Investitionen) sowie
  • Effizientere Beschaffungsprozesse.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass eine Enterprise Architecture, außer Sie sind auf entsprechende Beratungsleistungen spezialisiert, für kein Unternehmen einen Selbstzweck darstellt und die besprochenen Mehrwerte nur exemplarischen Charakter haben und entsprechend im Sinne einer Unternehmensstragie von jedem Unternehmen bzw. jeder Organisation selbst festgelegt und gewichtet werden müssen. Nachdem dieser Beitrag die Mehrwerte von Enterprise Architectures zum Thema hatte, wird sich der nächste Beitrag dieser Reihe mit den Mehrwerten der sogenannten Enterprise Architecture Frameworks befassen.